Emotionale Bedürftigkeit betrifft viele Männer – sie sorgt regelmäßig für großen Frust. Und sie wirkt besonders abschreckend auf Frauen. Es ist gar nicht so einfach, aus diesem Kreislauf herauszukommen. Hier ein paar Ansätze, wie es dir gelingen kann.
Bedürftigkeit im emotionalen Sinn bedeutet, dass du davon abhängig bist, was andere von dir denken. Du lässt nichts unversucht, um dich ins rechte Licht zu rücken, und um gesehen zu werden. Das ist nicht nur sehr anstrengend, sondern führt gleichzeitig zum genauen Gegenteil: Menschen – insbesondere Frauen – wenden sich von dir ab. Denn emotional bedürftige Menschen sind für andere nur schwer zu ertragen.
Machen wir einen kleinen Test. Beantworte folgende Fragen:
- Du willst möglichst allen Menschen um dich herum gefallen?
- Dein Selbstbewusstsein ist eher gering?
- Wenn du Frauen begegnest suchst du ihre Aufmerksamkeit? Du fragst dich, was sie über dich denken, und ob sie Interesse an dir haben?
- In gemischten Gruppen beobachtest du mehr die Frauen, als die Männer? Du hast wenig oder keine Männerfreundschaften?
- Du findest nur schwer eine Partnerin? Du bist enttäuscht, wenn du eine Frau ansprichst, und sie kein Interesse an dir zeigt?
Je mehr der Fragen du mit „Ja“ beantworten kannst, umso eher bist du ein Kandidat für die unliebsame Abhängigkeit. Dann solltest du dringend handeln, denn Bedürftigkeit macht dich auf Dauer krank und einsam.
Ich selbst war fast 20 Jahre bedürftig. In meiner Jugend war ich extrem schüchtern und zurückhaltend. Ich verliebte mich regelmäßig ausgerechnet in jene Frauen, die am unnahbarsten waren. Dementsprechend wuchs das Bedürfnis nach einer Partnerin immer mehr – gleichzeitig wurde ich für das andere Geschlecht immer unattraktiver. Ich hatte kein Selbstvertrauen, keine Unabhängigkeit, keinen Stolz, keine Klarheit. Frauen spüren instinktiv, ob du aus einer selbstbewussten Position heraus an ihnen interessiert bist, oder ob du einfach nur verzweifelt Anschluss suchst.
Tantra und Persönlichkeitstraining
Für mich kam die Wende durch die tantrische Arbeit, genauer gesagt durch ein Jahrestraining. Dabei standen die Entwicklung der Persönlichkeit, die emotionale Befreiung und vor allem die Integration meiner Schattenaspekte im Vordergrund. Du lernst dort, dich selbst zu akzeptieren. Selbstliebe ist die Grundvoraussetzung für ein eigenverantwortliches und damit unbedürftiges Leben.
Ich machte das Jahrestraining in einer gemischten Gruppe mit Männern und Frauen. Für mich war das sehr wichtig. Der geschützte und moderierte Rahmen bot mir unzählige Gelegenheiten, mein erlerntes Wissen gleich auch an der Frauenwelt „auszuprobieren“. Ich lernte schnell:
- Welche Personen nehme ich wahr und welche nicht? Warum ist das so?
- Wann verstelle ich mich, um anderen zu gefallen?
- Wie wirke ich auf das andere Geschlecht? Was passiert, wenn ich mein Verhalten ändere?
- Welcher Frauentyp spielt nur mit mir? Warum springe ich darauf an? Wie lasse ich mich manipulieren, wie erkenne ich dies?
- Welche Männer sehe ich als Bedrohung, anstatt von ihnen zu lernen?
Gleichzeitig übe ich mich in Achtsamkeit, durch Meditation aber auch durch Körperarbeit. Seither kann ich mich deutlich besser selbst reflektieren. Der wichtigste Schritt weg von der Bedürftigkeit ist es, überhaupt erst einmal zu erkennen, dass du dich bedürftig verhältst. Oder wenn andere Menschen dieses Muster in dir triggern. Erst dann kannst du dich ganz bewusst für das Gegenteil entscheiden.
All das bringt enorm viel neue Freiheit in mein Leben. Ich habe meine emotionale Bedürftigkeit abgelegt. Ich agiere wieder, statt nur zu reagieren. Und ich bin nicht mehr abhängig vom Urteil der Frauen.
Kreis der Männer
Der Kontakt mit anderen Männern ist äußerst hilfreich, um aus der Spirale der Bedürftigkeit auszubrechen. Egal ob du dir ein passendes Männertraining suchst, einen Stammtisch in deiner Gegend, oder ganz einfach gute Freundschaften aufbaust: Kehre zurück in den Kreis der Männer. Suche dir jedoch keine Gruppe, die nur in Selbstmitleid verfällt, und die „Schuld“ bei den anderen oder den Frauen sucht. Das hat nichts mit Männlichkeit zu tun.
Wir Männer sprechen untereinander ungern über Themen wie Partnersuche oder Sexualität – und wenn dann oft nur sehr oberflächlich. Du brauchst gute Freunde bzw. einen sehr guten Freund, der dir ungeschminktes Feedback gibt. Macht ein Spiel daraus: Zieht zusammen los, und beobachtet euch gegenseitig. Sagt dem anderen, wenn er sich bedürftig verhält. Mit ein wenig Übung erkennst du das immer schneller – bei deinem Freund, aber auch bei dir selbst. Anschließend überlegt euch gemeinsam, wie ein alternatives Verhalten aussehen könnte.
Was denkst du darüber? Welche Fragen hast du? Nutze einfach die Kommentarfunktion am Ende des Beitrags – auch anonym.
Bilder: Andrew Hutchings, Staffan Kjellvestad, Elijah Hail @Unsplash